Wenn wir unsere Geschichte selbst schreiben könnten, würde sie wohl kein Leiden, keinen Schmerz, und keine Konflikte beinhalten. Diese Dinge sucht sich kein Mensch freiwillig aus. Und doch wird durch schwierige Situationen und Umstände unsere Lebensgeschichte oft erst geschrieben.

Dabei gibt es immer wieder zwei Möglichkeiten: Wir verzweifeln daran oder wir wachsen und reifen dadurch. Eben dieses Letztere meint der Zitatgeber, wenn er schreibt, dass sich Charakter durch Leiden bildet.

Der Vorgang ähnelt der Entstehung einer Perle.

Muscheln bilden Perlen, um sich gegen eindringende Parasiten und Fremdkörper zu wehren. Das ist allgemein bekannt.

Weniger bekannt ist, dass ein Fremdkörper allein noch nicht ausreicht, um die Muschel zur Bildung einer Perle zu bewegen. Damit die Perlbildung ausgelöst wird, muss ein Stück des Mantelgewebes, das direkt unter der Muschelschale sitzt, zusammen mit dem Fremdkörper ins Innere der Muschel dringen. Erst dadurch überzieht die Muschel den leidvollen Eindringling wieder und wieder mit Perlmuttschichten bis er keine Gefahr mehr darstellt.

Übertragen auf die Charakterbildung bedeutet das für mich: Leid kann dazu führen, dass ich mich lediglich als beklagenswertes Opfer sehe. Wenn Schmerz und Leid aber dazu führen, dass ich mich in mein Inneres hineinbegebe, dann beginnt ein Prozess der Auseinandersetzung mit diesem Schmerz, der letzten Endes heilsam ist und meinen Charakter formt.

Und nicht nur das: Aus meinem Schmerz entsteht mein größter Schatz.

Ich wünsche mir und Ihnen, die Bereitschaft und Geduld für den Prozess des Heilwerdens und Reifens und Freude über die Schönheit, die entsteht!

Herzlich,

Mirjam Geiger