Wovon die Forschung schon lange spricht, sprechen nun auch immer mehr Führungskräfte: Mitgefühl – oft auch Empathie genannt – muss als wesentlicher Bestandteil der Führungskompetenz angesehen werden. Grosse Firmen wie eBay, Google oder LinkedIn lassen ihre Gründer und CEOs an grossen Konferenzen zu diesem Thema sprechen und Bewegungen wie Conscious Capitalism ziehen namhafte Firmen in Scharen an. Warum?
Die Forschung zum Thema Mitgefühl zeigt schon lange sehr klar, dass eine anteilnehmende Führungskultur positive Auswirkungen auf das Geschäftsklima und -ergbnis hat. Viele namhafte Firmen haben das erkannt und sind zudem überzeugt, dass es wichtig und richtig ist, nicht nur die Interessen der Aktionäre zu verfolgen, sondern auch die der Stakeholder, sprich Mitarbeiter und Kunden. Dies führt zu einem Umdenken, was die Werte der gelebten Firmenkultur angeht.
Mitgefühl ist nichts anderes als die Fähigkeit, sein Gegenüber nicht nur rational, sondern nachempfindend zu verstehen. Mitgefühl hilft, die Probleme anderer besser zu verstehen und dadurch angemesserene Lösungen zu finden. So findet man in Arbeitsteams mit hohen empathischen Fähigkeiten mehr zufriedene Arbeitnehmer und ein Arbeitsumfeld, das sehr effektiv und effizient ist. Grund dafür ist die schnelle und saubere Lösung von Problem, wodurch die Energie der Mitarbeiter zielgerichtet eingesetzt werden kann.
Anteilnahme heisst im Weiteren weder die Probleme des anderen zu lösen, noch mit dessen Sichtweise der Dinge übereinstimmen zu müssen, sondern das Problem des anderen zur Kenntnis zu nehmen. Dies geschieht in erster Linie durch Zuhören. Wer gut zuhören kann und fähig ist, sein Verständnis auszudrücken, wird zudem als sympathisch empfunden. Empathie steigert zudem die Kommunkationsfähigkeit. Wenn man sich in sein Gegenüber hineinversetzen kann, dann kann man Argumente zur Lösungsfindung präsentieren, die aus dessen Sicht schlüssig sind und so zu einer Konsensfindung führen können. Dies ist zweifelsohne eine wichtige Fähigkeit für Führungskräfte.
Als Führungskraft Mitgefühl zu zeigen, ist jedoch vielen Managern fremd und kann sich durchaus als schwierig erweisen. Denn Führungskräfte sind es sich gewohnt, dauernd und sehr schnell Situationen und Menschen zu beurteilen und Entscheidungen zu treffen. Diese Fähigkeit kann sich jedoch als Nachteil erweisen, wenn es darum geht, Mitgefühl zu zeigen. Denn Mitgefühl braucht Zeit – Zeit, bis man versteht, was den Mitarbeiter beschäftigt, welcher Ballast ihn hindert gut und schnell zu arbeiten oder wo er sich unter Druck fühlt. In einer leistungsorientierten Gesellschaft scheint ein solcher Invest oft nicht möglich zu sein.
Um diese Sichtweise zu entkräften, brauchte LinkedIn-CEO Jeff Weiner kürzlich den netten Vergleich mit einem gewissenhaften Tischler: Dieser misst sein Holzstück dreimal sehr sorgfältig ab, bevor er es dann auseinandersägt. Diese Mitgefühl-Zeit mit Mitarbeitern zahle sich dann aber aus, so Weiner, und zwar in Form von höherer Effizienz und Produktivität der so Behandelten. Auch das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter verbessere sich dadurch merklich.
Im Weiteren belegen neuste Studien, dass Stress, Konkurrenzdruck sowie vielfältige Belastungen, es den Menschen schwierig machen, empathisches Verhalten an den Tag zu legen. Sobald der Stress aber abnimmt, ist automatisch mehr Raum für Mitgefühl vorhanden. Dies lässt die Forscher zum Schluss kommen, dass es das Ziel sein muss, Fremdheitsgefüle und Anspannungen im Miteinander abzubauen. Dafür genügen meist schon kurze, gemeinsame Erfahrungen, wie zum Beispiel ein gemeinsamer Drink nach Firmenschluss, wo man das Schwärmen für den gleichen Fussballclub entdeckt, um sich empathisch in den anderen hineinversetzen zu können.
Wenn Sie Ihre Fähigkeiten in Anteilnahme trainieren möchten, folgend ein paar grundlegende Gedanken dazu:
- Anteilnahme muss authentisch sein: wenn hinter Ihrer Anteilnahme nicht eine ehrliche und wertschätzende Grundhaltung steht, kann sie als Heuchelei oder Mittel zum Zweck wahrgenommen werden und geht nach hinten los.
- Aktives Zuhören: üben Sie das aktive Zuhören. Spezifische Fragetechniken helfen Ihnen dabei, die Beweggründe Ihres Gegenübers zu erkennen und zu verstehen.
- Kommunikation: üben Sie eine wertschätzende Kommunikation ein. Lernen Sie, wie Sie Verständnis für das Gegenüber ausdrücken können.
- Menschenkenntnis: Psychologische Typologien wie der persolog-Test helfen dabei, schnell einen ersten Eindruck über ihr Gegenüber zu erlangen. Sie helfen ein Grund-Verständnis für die verschiedenen Charakteren zu erlangen.
Uns allen wünsche ich somit mehr Mut zur Anteilnahme. Denn diese wird nicht nur unseren Mitarbeitern helfen, sondern auch unseren Unternehmen und schlussendlich auch uns selbst.
Links zum Thema:
“Changing Culture in the Workplace Conference”
“International Working Group in Compassionate Organisations”
TED-Talk von Karen Armstrong zum Thema der sogenannten Goldenen Regel